Strafurteile für Offertenbetrug - Update

Update
zur Meldung vom 16.02.2023:

Inzwischen liegt dem Schutzverband ein weiteres Strafurteil aus dem Bereich der sog. Formularfallen vor.
Die Betreiberin dieses Geschäftsmodells warb mit folgendem Formular gegenüber Unternehmen, die gerade im Handelsregister eingetragen worden waren:

Das Amtsgericht Celle verhängte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr - zur Bewährung ausgesetzt - gegen die Geschäftsführerin der Betreibergesellschaft.
Es geht ausdrücklich davon aus, dass "die Angeklagte handelte, um sich eine dauerhafte Einnahmequelle von erheblichem Umfang aus der Begehung gleichartiger Taten zu erschließen".

Der Schutzverband, der auch Strafanzeige erstattet hatte, begrüßt die Entscheidung aus zwei Gründen:
Einerseits gibt es ein neues Strafurteil bei klassischen Formularfallen! Es handelt sich um das seit Jahrzehnten bekannte Formular, welches rechnungsähnlich aufgemacht ist und dem ein vorausgefüllter Überweisungsträger beigefügt ist.
Die Aussendung erfolgt typischerweise im Anschluss an die Handelsregistereintragung oder -veränderung und zwar zeitlich vor der offiziellen - berechtigten - Rechnungsstellung.

Andererseits zeigt die Entscheidung, dass die Strafverfolgungsbehörden durchaus auch den Tatbeitrag auf Geschäftsführungsebene würdigen und hierbei nicht nur von einem vorgeschobenen "Strohmann"-Verhalten ausgehen.
Damit liegt der Fall anders als beim vorhergehenden Strafurteil, welches sich gegen die Hintermänner der Betreibergesellschaft richtete!

 

Augangsmeldung vom 16.02.2023:

Haftstrafen für Offertenbetrug - Strafurteil bei Formularfallen

Das Landgericht Bonn hat mit Urteil vom 22.07.2022 zwei Brüder wegen Betrugs in einer Vielzahl von Fällen verurteilt.
Das vollständige Urteil, AZ KLs 4/21, bislang nicht rechtskräftig, liegt dem Schutzverband jetzt vor und kann an dieser Stelle abgerufen werden.
Gegen beide Angeklagte wurden Haftstrafen von zwei Jahren zehn Monaten verhängt!

Die Angeklagten hatten Internetportale mit Firmen-Datenbanken eingerichtet.
Hierfür versandten sie dann ab Januar 2015 Angebotsformulare mit den beireits eingefügten Daten der angeschriebenen Firmen.
Diese sollten von den Adressaten ergänzt oder korrigiert werden und das Formuar dann unterschrieben zurückgesandt werden.
Die Formularversendung erfolgte nicht im Namen der Angeklagten, sondern durch einen eigens installierten Strohmann.
Anlass für die Versendung der Formulare waren seinerzeit Bestimmungen zur umsatzsteuerrechtlichen Rechnungsstellung.
Aus diesem Grund enthielten die Formulare blickfangmäßig den Hinweis USTID-Nr.de (die URL der von den Angeklagten eingerichteten Datenbank).
In der einen Variante wurde dieser Hinweis kombiniert mit einem Doppelkopfadler, in der anderen Variante mit einem Sternenlogo, wobei die Sterne wie auf der Europaflagge angeordnet waren.
Durch die Unterschrift wurden kostenpflichtige Verträge in Höhe von rund 475 € bzw. 560 € ausgelöst.
Sofern die angeschriebenen Firmen nicht sofort reagierten, wurden Erinnerungsschreiben versandt.

Das Gericht sieht die Täuschungshandlung in der Kombination der Aufforderung zur Ergänzung fehlender Firmenangaben mit der Bezugnahme auf gesetzliche Vorschriften sowie des behördlichen Charakters des Anschreibens (Doppelkopfadler bzw. Sternenlogo).
Ausdrücklich berücksichtigt hat das Gericht die Tatsache, daß an mehreren Stellen der Formulare der Hinweis auf ein Angebot erfolgte. Nach Auffassung des Gerichts gehen diese Hinweise jedoch im Gesamtkontext unter.
In der Vorgeschichte des Tatgeschehens wird ausdrücklich erwähnt, daß die beiden Angeklagten bereits nach Maßgabe der sog. Kölner Masche tätig waren.
Ebenso wird erwähnt, daß die Angeklagten bereits anders gestaltete Angebotsformulare für kostenpflichtige Eintragungen in einer Firmendatenbank versandt hatten, wobei diese Formulare nicht Gegenstand dies hiesigen Verfahrens waren und die Einleitung eines Hauptvervahrens seitens des damals zuständigen Landgerichts Düsseldorf abgelehnt wurde. Genau diese Formulare waren jedoch Gegenstand umfangreicher wettbewerbsrechtlicher Zivilverfahren bis zum Bundesgerichtshof, mit denen der Schutzverband die weitere Versendung der Formulare schließlich gerichtlich untersagen lassen konnte.
Hierzu hat der Schutzverband auf dieser Seite mehrfach unter dem Stichwort GWE, Düsseldorf, berichtet.

Der Schutzverband begrüßt die Verhängung des Strafurteils mit einem für diesen Bereich eher hoch angesetztem Strafmaß (ohne Bewährung!) ausdrücklich!
Auf diese Weise steht bei Eintritt der Rechtskraft ein strafrechtliches Verbot im Raum, mit dem die Versendung von täuschend aufgemachten Angebotsformularen in derjenigen Variante sanktioniert ist, bei welcher der Vertrag nicht durch Zahlung auf Fake-Rechnungen zustande kommt, sondern durch Unterschrift auf behördlich aussehenden Formularen zur Datenbestätigung.
Außerdem handelt es sich um ein Strafurteil gegen Hintermänner, während bislang eher die vorgeschobenen Strohmänner im Fokus der staatsanwaltlichen Ermittlungen standen.
Nach Einlegung der Revision muss nun der Bundesgerichtshof eine Entscheidung treffen.
Der Schutzverband wird zu gegebener Zeit weiter berichten.